Lärmklagen, abgesagte Sommerkonzerte, friedliches Zusammenleben und Gentrifizierung
Wie schon über verschiedene Kanäle verkündet, sah sich die Brass angesichts der montäglichen Gartenkonzerte im Verlaufe dieses Sommers mit Lärmklagen konfrontiert. Da bei laufendem Betrieb und gut besuchtem Garten immer wieder die Türe benutzt wird, konnte auch die Verlegung dieser Konzerte ins Innere der Beiz ein weiteres Vorgehen der Polizei nicht verhindern. Gemäss dem Reglement zur Bekämpfung des Betriebs- und Wohnlärms (Art. 6) aus dem Jahr 1961 der Einwohnergemeinde der Stadt Bern, ist der Gebrauch von Tonverstärkern, Lautsprechern, Musikautomaten etc. im Freien untersagt, unabhängig der Tages- bzw. Nachtzeit. Zwar können die Behörden für besondere Veranstaltungen Ausnahmen bewilligen, faktisch bedeutet dies jedoch für einen Gastronomiebetrieb, dass Konzerte im Freien nicht möglich sind, sofern sich jemand daran stört. Die Brasserie Lorraine ist ein seit 37 Jahren kollektiv geführtes Genossenschaftsrestaurant. Natürlich besteht unser Angebot in erster Linie aus Speisen und Getränken. Mit einem vielfältigen und niederschwelligen Kulturprogramm, das neben Konzerten unter anderem auch Spielturniere, Ausstellungen, Filmabende oder Vorträge umfasst, sowie eine grosse Auswahl an Zeitungen und Spielen, wollen wir eine „Quartierbeiz“ sein, die viele verschiedene Menschen unterschiedlicher Herkunft und Altersklassen zusammenbringt. Im Kollektiv kommt es immer wieder zu personellen Wechseln: Wissen muss weiter gegeben werden, manches geht verloren, anderes wird bewusst verändert. Die Brass entwickelt sich mit den Menschen, die sie führen, und ist somit kein statisches Gebilde. Keinesfalls war es unsere Absicht rücksichtslos gegenüber unseren Nachbar*innen zu handeln, wenn unsere Informationen über die Konzerte dieses Jahr spärlich blieben. Was bleibt ist der Wunsch, das Quartier auch im Sommer kulturell zu beleben. Im Zusammenhang mit den Lärmklagen wollen wir auf die Problematik der Gentrifizierung aufmerksam machen - ein kompliziertes Thema, das leider keine einfachen Lösungen bereithält, solange das wirtschaftliche System kapitalisisch organisiert ist. Doch Fakt ist: „Die Lorraine verändert sich“. Dies war auch der Satz mit welchem vor einem Jahr Bewohner*innen der Lorraine zu einem Anti-Gentrifizierungs-Treff einluden. Es kamen viele Menschen, alle mit ähnlichen Geschichten. Was für uns die abgesagten Sommerkonzerte sind, welche zuvor während acht Jahren stattgefunden haben, ist für andere Vertreibung und Ausschluss aus dem Quartier, in dem sie aufgewachsen sind. Häuser werden verkauft und renoviert, Mieten steigen und werden unbezahlbar. So schreitet die Aufwertung eines einstigen Arbeiter*innenquartiers langsam aber sicher voran. Menschen, die es sich leisten können, wohnen jetzt hier, um im Zentrum der Stadt zu leben. Der alternative, künstlerische Charme ist cool, aber zu lebendig, zu laut, zu bunt darf es nicht sein. Dabei wollen wir nicht kritisieren, dass sie hier sind. Wir möchten zum weiterzudenken auffordern. Wie beeinflussen Neuzuzüger*innen, wie beeinflussen wir alle das Leben in der Lorraine? Wir leben in einer Zeit, in welcher Geld über den Bedürfnissen der Menschen steht und die Stadt, sowie die privaten Immobilienbesitzenden profitorientiert handeln und bauen. Darum müssen wir uns umso mehr bewusst sein, was wir möchten, wie wir prägen und verändern können. Ist Wohnquartier dabei gleichbedeutend mit Ruhequartier, oder steckt hinter Wohnen auch Lebendigkeit? Wir finden es wichtig, dass darüber eine Diskussion in Gang kommt. Lasst uns organisiert für eine lebendige, farbenfrohe und diverse Lorraine einstehen. PS: Wir haben uns über die vielen Solidaritätsbekundungen in- und ausserhalb des Quartiers gefreut. An dieser Stelle möchten wir uns bei dem „Verein läbige Lorraine“ für die lancierte „Petition für eine kleine Nachtmusik“ bedanken. Das Brass-Kollektiv, September 2018
Brassfest 2018
Wie jedes Jahr findet am ersten Novemberwochenende unser Brassfest statt. Wir starten am Freitag mit zwei Konzerten ins Wochenende. Am Samstag gibt es am Nachmittag Vorträge und am Abend noch mehr Livemusik und danach Tanz bis spät in die Nacht. Support your local Quartierskneipe, yeah!! Freitag, 2. November 2018 Vortrag und Diskussion im Brasssääli: -20.00 «Chemnitz inmitten sächsischer Verhältnisse» Konzerte: doors: 21.00, Eintritt mit Kollekte 21.30 Uhr: Fatima Dunn Fatima Dunn, die Cellistin und Singersongwriterin mit Irischen Wurzeln, wird auf der Bühne zum „Ein-Frau-Orchester“. Mit Cello, ihrer Stimme und einer Loopstation legt sie Tonlagen, über Musikschichten, über Melodien und verwebt das Ganze zu poetischen, sphärischen Songs. https://www.youtube.com/watch?time_continue=12&v=H2WQR-NPr34 23:00 Uhr: Kohoba Der bewegende Alternative-Pop der vier Berner von Kohoba bildet Klangwelten mit grossen Melodien, vermittelt Emotionen von weiter Bandbreite und bleibt trotzdem tanzbar. https://www.youtube.com/watch?v=Au5mL9W0GOY Samstag, 3. Novermber 2018 Vorträge im Sääli am Nachmittag: -12:00 talk about sex Let’s talk about sex! Sex ist überall (Sexismus leider auch), doch wir reden fast nie drüber. Sex aus anarchistischer Perspektive: Was heisst das? Wie sieht ein anarchistischer Umgang mit Sex aus? Sex als Arbeit, Sex in der patriarchalen, kapitalistischen Gesellschaft, Sex als Widerstand... Wir können auch über Pornographie und BDSM-Praktiken reden und über die Formen von Konsens, welche diese Praktiken begleiten; über LGBTQIA+, über sexuelle Kommunikation und Unsicherheiten, über alternative Beziehungsformen, und und und … -15:00 Perspektiven bauen - Solidarität mit Rojava - 18:00 Input und Workshop von "RaAupe" (www.raaupe.ch) Her mit dem schönen Leben, aber wie? Im Kapitalismus ist Zeit Geld und Geld ist Macht. Wenn wir daran etwas verändern wollen, müssen wir uns fragen, wie wir unsere Zeit und unser Geld einsetzen...und wir sollten es gemeinsam tun, denn das Private ist politisch. Nicht am Sonntag, in der Kirche oder an der Urne, sondern durch unser handeln im Alltag verändern wir die Welt...oder eben nicht. Zwei Mitglieder des raAupe-Kollektivs haben Fragen zum Alltag und laden ein, diese zu diskutieren. Konzerte: doors: 21.30 Uhr, Eintritt mit Kollekte 22.00 Uhr: Migo Sophie und Pit Braucht wohl keine Worte.. Legenden aus Bern. 23.30 Uhr: Fuchs und Porzellan Rap mit live gedrumten Beats – Sie nehmen kein Blatt vor den Mund und sagen was sie stört, denn was stört muss schliesslich weg! https://www.youtube.com/watch?v=FULpyWV_mSo Dj's: 00.30 Uhr: Jean Claude Er glitzert wie eine Discokugel und sorgt mit seinem Live-Set aus analogen Beats, 80er Synthies, funkigem Saxophon und Gesang für Tanzlaune. 02.00 Uhr: Power to the People (The Secret Golden Strong Legs Man & DJ Stereoid) Die zwei Berner Dj's glänzen regelmässig mit ihren Vinyl Platten in berner Clubs. Mit fetten Oldschool House Beats werden sie das diesjährige Brassfest bereichern.